Jetzt Flow Kit bestellen!
Body & Mind

Good Vibrations! Das unterschätzte Potenzial der Vibrationstherapie

Credit: Unsplash

Das beruhigende Schnurren einer Katze, das stete Summen einer Tattoonadel, das den Schmerz etwas erträglicher zu machen scheint oder der alles durchdringende Bass beim Tanzen. Vibrationen begegnen uns im Alltag überall und ihre angenehmen Auswirkungen haben wir sicher alle schon einmal gespürt. Auch die Tierwelt macht sie sich auf vielfältige Weise zunutze. Das heilsame Potenzial der Schwingungen haben auch Mediziner:innen längst erkannt, obgleich die Vibrationstherapie noch nicht so etabliert ist, wie andere therapeutische Maßnahmen. eternal beauty über die erstaunliche Kraft von Vibrationen und Anwendungsgebiete der Therapie.

Etablierte Anwendungsgebiete der Vibrationstherapie

Obwohl das Potenzial der Vibrationstherapie in vielen Bereichen noch nicht ausgeschöpft wird, gibt es einige medizinische Gebiete, in denen sie eine gängige Behandlungsmaßnahme darstellt. Die Vibrationstherapie wird etwa häufig in der Rehabilitation nach Verletzungen oder Operationen eingesetzt, denn sie kann helfen, die Muskelkraft, Beweglichkeit und Koordination wiederherzustellen. Auch bei Osteoporose kann die Vibrationstherapie dazu beitragen, die Knochendichte zu erhöhen und das Frakturrisiko zu reduzieren. Sportler:innen nutzen sie, um ihre Maximalkraft, Schnellkraft und Kraftausdauer zu verbessern oder Muskelverspannungen zu lösen. Bei der Behandlung von Haltungsproblemen und Rückenschmerzen kann die Vibrationstherapie helfen, die Muskulatur zu kräftigen und die Körperhaltung zu verbessern. Zur Linderung von chronischen Schmerzen, insbesondere Rücken- und Gelenkschmerzen, wird die Therapie ebenfalls eingesetzt. In der neurologischen Rehabilitation kann die Behandlung mit Vibrationen die Bewegungsfähigkeit bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfall oder Parkinson verbessern.

Vibrationen im Tierreich

Vibrationen sind in der Tierwelt weit verbreitet und spielen eine entscheidende Rolle bei verschiedenen Interaktionen und Verhaltensweisen. Das Spinnen-Männchen etwa erzeugt spezifische Vibrationen am Netz, um sein Weibchen zu beruhigen, bevor es sich ihm nähert. Bei Froscharten wie dem Rotaugenlaubfrosch konnten Forscher:innen beobachten, wie diese Zweige in Schwingungen versetzen, um ihren Rivalen Informationen über ihren Status mitzuteilen. Bienen verwenden Vibrationen, um Informationen über Nahrungsquellen weiterzugeben, während Elefanten Infraschall-Vibrationen für die soziale Kommunikation nutzen. Die vielfältigen Anwendungen von Vibrationen in der Tierwelt verdeutlichen die Bedeutung dieses Wahrnehmungskanals für das Verhalten und die Interaktion zwischen den Individuen einer Art. Aber Vibrationen können auch zur Selbstheilung und -beruhigung eingesetzt werden. Von Katzen ist inzwischen bekannt, dass die Vibrationen, die sie beim Schnurren erzeugen, die Knochenheilung und Geweberegeneration bei Verletzungen fördern. Einige Studien haben außerdem gezeigt, dass Schnurren beruhigend auf Herzschlag und Blutdruck wirken kann, was – auch beim Menschen – zur Stressreduktion beiträgt.

Therapeutische Methoden

Man unterscheidet zwischen der lokalen und der Ganzkörpervibrationstherapie. Bei der lokalen werden bestimmte Muskeln oder Gewebebereiche mit Vibrationen mithilfe von spezialisierten Vibrationsgeräten behandelt, die auf den Bereich gerichtet sind. Diese Methode eignet sich beispielsweise gut für die gezielte Stärkung oder Entspannung bestimmter Muskeln oder zur Linderung von Verspannungen in einem begrenzten Bereich des Körpers. Das Funktionsprinzip haben schon 1928 die Forschungen von Dr. Erwin Schliephake bekannt gemacht. Ein zentraler Schwerpunkt seiner Untersuchungen lag auf der stimulierenden Wirkung der Vibrationen. Die Wirkweise der eingesetzten vibratorischen Reize basiert auf dem sogenannten tonischen Vibrationsreflex und der damit verbundenen Aktivierung der Muskelspindel.

Bei der Ganzkörpervibrationstherapie wird der gesamte Körper in die Vibration einbezogen. Dies geschieht oft mithilfe von Vibrationsplattformen oder -geräten, auf denen der Patient/die Patient:in steht oder liegt. Diese übertragen die Vibrationen auf den gesamten Körper, was mehrere Muskeln gleichzeitig stimuliert.

Vibrationstherapie für den Muskelaufbau

Die Vibrationstherapie wird bereits erfolgreich zur gezielten Stärkung und Verbesserung der Muskulatur eingesetzt. Sie bietet eine effektive Möglichkeit, die Maximalkraft, Schnellkraft und Kraftausdauer zu steigern, wobei Muskelgruppen angesprochen werden, die sonst schwer gezielt trainiert werden können. Diese Therapieform kann ebenso zur Bewältigung von Leistungs- und Kraftverlust, Muskelschwund, Muskelverspannungen, Rückenschmerzen, Sportverletzungen, chronischen Sehnenerkrankungen und sogar zur begleitenden Gewichtsabnahme bei Übergewicht eingesetzt werden. Dabei positioniert sich der Patient/die Patient:in auf einer Vibrationsplatte und wird je nach Trainingsziel mit spezifischen Frequenzen geschwungen. In nur kurzer Zeit kann man so die positiven Effekte eines längeren herkömmlichen Trainings erzielen, einschließlich einer Steigerung der Kraft und Verbesserung der Beweglichkeit. Das ist vor allem für Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit aufgrund von Alter oder Verletzung sinnvoll.

Vibrationstherapie für die Knochen

Die Vibrationstherapie hat sich auch als effektive und sichere Methode zur Stabilisierung und zum Aufbau von Knochen erwiesen. Mediziner:innen berichten von positiven Erfahrungen mit dieser Therapieform, die auch zur Prävention von Osteoporose, Osteopenie und altersbedingter Muskelschwäche (Sarkopenie) geeignet ist. Die Vibrationstherapie für osteoporotische Zustände verwendet speziell ausgelegte Therapieplattformen, die sanfte Impulse und Reize, bekannt als Low Intensity Vibration (LIV), verwenden. Diese Methode unterscheidet sich von der intensiveren Whole Body Vibration (WBV), die oft im Fitnessbereich Anwendung findet. Zur Anwendung der Vibrationstherapie bei Knochenkrankheiten liegen mittlerweile zahlreiche Studien vor.

Schmerzlindernde Vibrationen

Die schmerzlindernde Wirkung von Vibrationen haben einige bereits erfahren. Die Forschungslage dazu ist bisher aber noch ausbaufähig. Eine mögliche Erklärung für den schmerzlindernden Effekt von Vibrationen basiert auf der Gate-Control-Theorie, die besagt, dass Schmerzsignale im Rückenmark „geschlossen” oder „geöffnet” werden können. Vibrationen, etwa in Form elektrischer Impulse sollen dazu beitragen können, diese Schmerzsignale zu beeinflussen und deren Weiterleitung zu verringern. Was sicherlich auch zur Schmerzlinderung beiträgt, ist die Fähigkeit der Vibrationen auch tiefliegende Gewebeschichten zu erreichen, was bei der Linderung von Muskel- und Gelenkschmerzen hilfreich sein kann. Auch sollen Vibrationen verspannte Muskeln lockern und Muskelkrämpfe lindern. Die verbesserte Durchblutung durch Vibrationen kann ebenfalls schmerzlindernd wirken und die Regeneration beschleunigen. Gleichzeitig können Vibrationen auch als Ablenkungsmechanismus wirken. Wenn die Aufmerksamkeit auf diese gerichtet ist, kann dies dazu führen, dass man den Schmerz weniger intensiv wahrnimmt.

Die Anwendung von Vibration zur Schmerzlinderung wurde bereits in unterschiedlichen Kontexten erforscht und findet Einsatz in der Physiotherapie oder bei Fibromyalgie und Arthritis. Ein weiteres interessantes Beispiel ist der vibrierende Tampon, der 1987 erstmals entwickelt wurde, um Menstruationsschmerzen zu lindern. Diese Idee wurde später von einer Schweizer Firma nochmal aufgegriffen, allerdings gab es gewisse Mängel in der Umsetzung. Grundsätzlich aber könnte die Idee vielen menstruierenden Menschen bei der Schmerzlinderung während der Periode helfen.

Kontraindikationen und Gefahren

Die langfristige Exposition gegenüber starken Vibrationen, wie sie in bestimmten Berufen auftritt, birgt Gesundheitsrisiken für die Arbeitnehmer:innen. Vor allem Hand-Arm-Vibrationen, etwa durch die Arbeit mit Druckluftwerkzeugen, können zu Schmerzen, Beeinträchtigungen der Feinmotorik, degenerativen Veränderungen in Knochen und Gelenken sowie neurologischen und peripheren Durchblutungsstörungen führen. Bei Ganzkörper-Vibrationen besteht das Risiko von Bandscheiben- und Rückenschäden. Abgesehen davon sollten Menschen mit Herzrhythmusstörungen, Schwangere, Personen mit akuten Verletzungen, Epilepsie oder fortgeschrittener Osteoporose, akuten Entzündungen oder Hautproblemen, bei einer Vibrationstherapie Vorsicht walten lassen und die Anwendung ärztlich abklären.

Von:
Tamara Draisbach
17. September 2023