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Body & Mind

Biofeedback: Im Zeichen der Selbstwirksamkeit

Credit: Pexels

Auf Verhaltensmuster aktiv Einfluss nehmen, durch positive Gedanken Körperreaktionen lenken und bewusst auf Entspannung schalten: Durch die Biofeedback-Methode soll das möglich sein. Was dahinter steckt, erklärt Dr. phil. Axel Kowalski, Diplom-Psychologe und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Biofeedback (DGBfb e.V.), im eternal beauty-Interview.

Was versteht man unter Biofeedback?


Unter dem Begriff Biofeedback wird die Messung von physiologischen Parametern des menschlichen Körpers verstanden sowie die zeitgleiche Rückmeldung dieser Parameter an die gemessene Person. Nehmen wir als Beispiel die Blutdruckmassung: Normalerweise werden die Messwerte dem Patienten während dieser Messung nicht gezeigt. Aus einem guten Grund: Wenn Sie sehen, dass Ihre Werte gerade sehr hoch sind, produzieren Sie als Reaktion darauf wahrscheinlich noch höhere Werte. Dieses Prinzip der Beobachtung der Werte nennt sich Feedback. Die Richtung, in der Sie Ihre Werte durch die Beobachtung beeinflussen können, ist aber beliebig. Das heißt: Sie können auch Lernen Ihren Blutdruck zu senken, indem Sie beispielsweise parallel zur Messung bestimmte Atemübungen ausführen oder sich auf positive Gedanken konzentrieren.

Bei welchen Beschwerden kann eine Biofeedback-Therapie sinnvoll sein?


Grundsätzlich kann Biofeedback als begleitendes Training bei einer Vielzahl von Beschwerden eingesetzt werden. In erster Linie bei allen Symptomen, die mit Stress in Verbindung stehen. Das Bioeefeedback ist aber nicht nur
auf das Lernen oder Wiedererlernen einer Entspannungsreaktion beschränkt. Auch im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen, beispielsweise nach einem Schlaganfall, kann mittels Training und Messung relevanter
physiologischer Parameter die Wiederherstellung von beeinträchtigten Funktionen unterstützt werden. Ob das Biofeedback im Sinne einer Therapie als alleinige Methode zur Veränderung von Verhaltensweisen eingesetzt erden kann, ist im Einzelfall zu klären.

Wie lange dauert es, bis sich die erste Ergebnisse bemerkbar machen?


Das ist eine Frage, die häufig gestellt wird, die aber tatsächlich sehr individuell vom Patienten abhängt. Aus wissenschaftlicher Sicht kann man aber nach zehn Sitzungen mit Veränderungen einer bestimmten Symptomatik in Richtung des erwünschten Zieles erwarten. Natürlich gibt es chronische Erkrankungen, bei denen erste Verbesserungen später eintreten können.

Was sind für Sie die größten Vorteile des Biofeedback?


Hinter Biofeedback stehen bedeutende und tiefgreifende psychologische Konzepte: die Stärkung der Selbstverantwortung, der Selbstwirksamkeit und der Möglichkeit, ohne Medikamente die Funktionen des eigenen Körpers verstehen und regulieren zu können. Das stellt allerdings keine Ablehnung einer medikamentösen Behandlung dar. Wünschenswert wäre hier aber eine engere Zusammenarbeit von Medizin und Psychologie. Deutsche Gesellschaft für Biofeedback (DGBfb e.V.) nach der Etablierung einer sachlichen, wissenschaftlich orientierten Behandlungsmethodik, die es möglich macht, dass sich Behandler aus verschiedenen Disziplinen auf Augenhöhe miteinander über die behandelte Symptomatik austauschen können.

Gibt es auch Risiken?


Bei einer fundierten und sachgerechten Anwendung ist die Antwort hier eindeutig: Nein! Es kann allerdings in Einzelfällen, vor allem zu Beginn der Behandlung zu Zeichen der Überbeanspruchung, z.B. in Form von Kopfschmerzen oder einer initial stärkeren Stresssymptomatik kommen.

Neurofeedback wird oft als Unterkategorie des Biofeedback bezeichnet. Worum handelt es sich dabei?


Das Neurofeedback bedient sich der Messung der elektrischen Hirnaktivität: Es wird ein EEG abgeleitet und als Feedback für den Lernprozess zur Verfügung gestellt. Dabei kommen Elektroden zum Einsatz, die die Hirnaktivität erfassen. Der Lernprozess, also die Aufbereitung der gemessenen Signale und Darstellung der Parameter auf einem Bildschirm (Feedback), sowie die Möglichkeit, die dargestellten Parameter in die erwünschte Richtung zu beeinflussen unterscheidet sich nicht vom Biofeedback.

Wie erklären Sie sich den Erfolg der Biofeedback-Therapie?


Der Effekt der Selbstwirksamkeit ist einer der entscheidenden Faktoren des Erfolgs dieser Methode: Der/die Patient/in lernt im Verlauf der Behandlung, dass seine/ihre persönlichen Gedanken in der Lage sind, eine bestimmte Symptomatik positiv zu beeinflussen. Erlebt der/die Patient/in die Selbstwirksamkeit am eigenen Körper, hat das in der Regel positive Auswirkungen auf das gesamte Denken.

(Wie) Wird sich diese Methode in Zukunft weiterentwickeln?


Prinzipiell würde ich eine „große Zukunft” vorhersagen, angesichts der immer weiter fortschreitenden Miniaturisierung und Verfügbarkeit von physiologischen Messungen, wie sie bspw. auch bereits in einigen Activity-Trackern gegeben sind. Auf der anderen Seite zeigt sich aber auch der Wert einer fundierten Anleitung von Biofeedback-Methoden durch professionelle Trainer und Therapeuten. Insgesamt wäre eine engere Zusammenarbeit mit Behandlern aus anderen Disziplinen wünschenswert, damit Biofeedback sein ganzes Potenzial ausschöpfen kann.

Von:
Pia Scheiblhuber
4. Juni 2021